Text und Fotos: Kay Meister
In vielen Märchen begibt sich der Held oder die Heldin auf eine Reise, besteht ein Abenteuer und am Ende sind alle glücklich. Erdkröten gehen Jahr für Jahr im Frühling auf eine gefährliche Wanderung. Was können wir tun, damit sie ihr Ziel wohlbehalten erreichen und steinalt für eine Kröte werden – also zwölf Jahre und mehr?
Was man tun kann: Krötenzäune betreuen
Auf ihrem Weg zu den Laichgewässern stoßen Erdkröten im schlimmsten Fall auf stark befahrene Straßen, im besten Fall auf Krötenzäune. Man schätzt, dass auf Straßen jährlich etwa ein Drittel aller Kröten einer Teichpopulation zu Tode kommen.
Naturschutzverbände im Erzgebirge und andere Akteure wie beispielsweise die Kirchliche Erwerbsloseninitiative Zschopau betreuen deshalb Krötenzäune an teils stark befahrenen Straßen.
Ehrenamtliche Zaunbetreuer werden vielerorts gesucht. Am Morgen kontrollieren sie den Fangeimer, bei hohen Zahlen zusätzlich abends. Sie sammeln die Kröten vorsichtig ein, zählen die geretteten Tiere und bringen sie in das Laichgewässer.
So dienen die Krötenzäune zum einen dem Schutz der Tiere, zum anderen aber auch der Erfassung der Erdkrötenpopulationen. Tatsache ist: Im Erzgebirge werden immer weniger Erdkröten registriert. Ihre Anzahl nimmt dramatisch ab.
Was kann man privat noch tun?
Im Umfeld des Hauses oder der Wohnung kann man „Amphibienfallen“ entschärfen, also Gullys, Licht- und Versorgungsschächte, Klärbecken usw. sichern. Man kann im Garten Unterschlüpfe schaffen und insektenfreundliche Pflanzen bevorzugen. Man kann auf Mähroboter verzichten und auf den Einsatz von Pestiziden. Außerdem ist ein Gartenteich ohne Fische eine Einladung für Kröten. Damit kann man sich ein Naturkino nach Hause holen und was Gutes tun.
Was können Landkreis, Forst und Landwirtschaft tun?
Mähmaschinen in der Landwirtschaft bedeuten für die Erdkröte oft den Tod. Eine amphibienfreundlichere Alternative sind Studien zufolge handgeführte Balkenmäher. Zudem empfehlen Naturschützer, Streifen am Rand von Kleingewässern und Wiesen für Amphibien und Insekten zu belassen und erst im Herbst zu mähen.
Landkreis, Forst und Landwirtschaft sollten weitere Laichplätze wie Abgrabungen, Fischteiche, Feuerlöschteiche sowie Kleingewässer im Rahmen von Naturschutzprogrammen in gewässerarmen Agrar- und Waldlandschaften anlegen. Bestehende Laichgewässer sollten erhalten und gepflegt werden.
Der Eintrag von Pestiziden und Düngemitteln in die Laichgewässer kann gestoppt werden. Hecken- und Saumstrukturen in Ackerlandschaften sollten erhalten oder neu angelegt werden. Initiativen wie „Enkeltaugliche Landwirtschaft“, „Slow-Food“ oder die „Soziale Landwirtschaft“ halten auch im Erzgebirge langsam Einzug, sie setzen auf schonende Bewirtschaftung, weg von einer hohen Mahdfolge und vom Tiefpflügen.
Der Forst wandelt die Nadelwaldmonokulturen in unserem Mittelgebirge wieder in stabile Mischbestände um. Auch die Renaturierung von Auenwäldern hilft, Lebensräume für Erdkröten zu schaffen.
Steckbrief Erdkröte
In Deutschland sind fünf Krötenarten heimisch: Erd‑, Wechsel‑, Kreuz‑, Knoblauch- und Geburtshelferkröte. In den Berglagen des Erzgebirges kommt jedoch nur die Erdkröte vor. Sie ist neben dem Grasfrosch die häufigste Amphibienart Deutschlands. Trotz starker Rückgänge in den letzten Jahren ist sie in Sachsen aktuell noch flächendeckend zu finden. Gut zu wissen: Alle Amphibienarten gelten nach Bundesnaturschutzrecht als „besonders geschützt“.
Männliche Erdkröten werden bis zu 9 Zentimeter, Weibchen bis zu 11 Zentimeter groß. Die Männchen sind an schwärzlichen Schwielen am Daumen und den nächsten beiden Fingern gut zu erkennen. Die Oberseite der Erdkröte ist einheitlich bräunlich gefärbt. Krötentypisch sind die Warzen der Haut – darin befinden sich Drüsen zur Absonderung von Sekret gegen Fraßfeinde. Erdkrötenlarven, also Kaulquappen, sind schwarz bis schwarzbraun gefärbt.
Die Erdkröte hält sich vor allem in Laub- und Mischwäldern sowie in Gärten, Parkanlagen und Siedlungsrandbereichen auf – meist mehrere hundert Meter von ihrem Geburtsgewässer entfernt. Landwirtschaftsflächen und stark versiegelte Stadtzentren meidet sie. Tagsüber versteckt sie sich unter Laub, Steinen und Brettern, in Erdhöhlen und Komposthaufen oder unter Baumstubben. Auf Nahrungssuche geht sie meist nachts: Regenwürmer, Spinnen, Asseln, Nacktschnecken, Raupen und nachtaktive Insekten stehen auf ihrem Speiseplan.
Zur Person:
Kay Meister ist für die SPD-GRÜNE-Fraktion Mitglied der Verbandsversammlung des Zweckverbands Naturpark Erzgebirge/Vogtland. Er ist freiberuflicher Diplom-Biologe und Umweltbildner sowie Kreisnaturschutzbeauftragter.